Nach gefühlten 5648463 Samstagen erhielten Katharina und ich gestern unsere Zertifikate, die uns eigentlich nichts bringen, aber zumindest kann uns nun niemand mehr etwas vormachen in Sachen Antimaterie, Aerosole, Ultrakalte Neutronen und Dunkle Materie. Und lässt man unsere kleinen Meinungsverschiedenheiten über gewisse Professoren außer Acht, so war die "Physik am Samstagmorgen"-erfahrung ein durchaus aufschlussreiches und interessantes Erlebnis - immerhin konnten wir dabei einen coolen Kugelschreiber sowie eine Stofftasche mit Albert Einstein drauf absahnen! ;) Das wichtigste bei der ganzen Sache war allerdings die Zeit, die Kati und ich nach den Vorlesungen miteinander verbracht haben (meistens mit dem Konsum von überdimensionalen Tellern Spaghettio's [gut, DAS trifft vielleicht nur auf mich zu])

Aber nicht zu selten haben wir die Gelegheit genutzt, um unsere Heimatstadt ein wenig genauer zu erkunden. Dabei sind wir auf einige wunderschöne Eckchen gestoßen, die wir in vorraussehbarer Zeit noch viele, viele Male besuchen werden.
I used to know a little square so long ago, when I was small. All summer long it had a fair . . .
Der von Katharina
hier erwähnte Plattenladen ist ebenfalls ein solcher Ort. Dort haben wir nicht nur zwei "Platten" ergattern können, einmal Vinyl und einmal Polycarbonat, sondern einen außerordentlich gesprächigen Altrocker getroffen. Ich danke Gott für solche Menschen, denn ohne seine offene Art und dieses für Altrocker typische welterfahrene Prestige wären wir wohl nie ins Gespräch gekommen. Er unterhielt sich an der Kasse angeregt mit dem Ladenbesitzer über diverse Musiker und als er erblickte was sich in unseren Händen befand, wurden wir Teil des Gesprächs. Die
Frank Sinatra Platte hatte ihn begeistert, er sagte, er habe nicht gedacht, dass junge Leute in unserem Alter solche Klassiker zu schätzen wüssten. Doch was sein Erinnerungsvermögen anregte, war die Scheibe in meiner Hand. "Auch noch
Jeff Buckley?"
Okay, die Sache sieht wie folgt aus: Ich habe keinen blassen Schimmer, was dieser Mann mit mir macht. Ich meine
JB, natürlich. Sobald ich die ersten Töne, die ersten Gitarrenriffs oder gar seine Stimme höre, gehen meine Sinne mit mir durch. Ich kann nicht einmal sagen, wohin ich getrieben werde. Seine Musik umringt mich, durchdringt mich, durchdringt jede Pore meiner Haut, pumpt durch jede Aterie und wird zu meinem Blut. In den Fingerspitzen, in den Zehen, am Haaransatz - überall kribbelt's. Ich brauche nicht einmal Dolby Surround, um Dolby Surround zu
spüren.
JB ist zu früh von uns gegangen, doch sein vorzeitiger Tod ermöglichte es ihm, eine Legende zu werden. Diese Legende begleitet mich schon seit einigen Jahren und ich bin mir sicher, sie wird mich noch viele weitere Jahre begleiten. Jedes seiner Lieder bedeutet mir etwas. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass mir die Tränen in die Augen gestiegen sind, als der Altrocker in dem Plattenladen erwähnte, er habe Jeff einmal getroffen.
"Ich sah den Namen Buckley in einem CD-Regal irgendwo in den Staaten. Ich kannte nur Tim Buckley, wusste nicht, dass Jeff sein Sohn ist. Ich habe die CD mitgenommen und sie mir angehört. Der Junge hatte Talent." Oh ja! Und welch ein Talent er hatte. Es beruhigt mich zu wissen, dass ich bereits gelebt habe, als Jeff mit
GRACE seine größten Erfolge feierte, aber gleichzeitig ist es ebenso erschlagend, da ich zum Zeitpunkt seines Todes '97 gerade einmal schlappe 3 1/2 Jahre alt war.
"Auf einem Konzert in Frankfurt hatte ich die Chance mich Backstage ein wenig mit ihm auszutauschen. Ich sagte ich könne den Geist seines Vaters in seiner Stimme hören."
Tim Buckley hatte seine Frau, Mary Guibert, noch vor der Geburt seines Sohnes Jeffrey Scott Buckley im November '66 verlassen. Jeff traf seinen Vater nur ein einziges Mal, im Alter von 8 Jahren. Kurz darauf starb Tim an einer Heroinüberdosis. Logisch, dass sich bei Jeff viele Emotionen angestaut haben - Trauer, Wut, Sehnsucht - mich verwundert seine Reaktion auf die Aussage dieses äußerst sympathisch wirkenden Altrockers nicht: "Er antwortete darauf,
der einzige Geist in seiner Stimme sei sein eigener. In dem Moment sah ich, dass Jeff ein völlig anderer Mensch war, als sein Vater. Aber beide hatten
Soul in ihren Stimmen."
Als wir den Plattenladen verließen, fielen wir uns überglücklich in die Arme. Kati hat ihre erste Schallplatte (von mir!) erhalten und ich kann eine weitere JB CD inkl. DVD mein eigen nennen. Den Rest des Tages verbrachten wir damit, psychodelisch durch die Gegend zu torkeln und liebestrunken Liedern zu lauschen.
I know it's over hat es uns besonders angetan, und ich schmelze bei
Je n'en connais pas la fin dahin, ein verspieltes und irgendwie zauberhaftes Cover vom gleichnamigen Edith Piaf Song. Und wo wir bei Edith Piaf sind: in dem kleinen Lädchen gab es ebenfalls eine Platte von ihr. Mein nächstes Ziel: diese Platte. Doch ich weiß Kati wird sie mir nicht ohne Schläge überlassen . . .
ah, mon amour.
à toi toujours.
dans tes grands yeux,
rien que nous deux . . .